Warum Ahrensfelde 4 neue Wohngebiete bekommt? – und die Folgen

Die Ahrensfelder und auch die Einwohner von Lindenberg, Blumberg, Eiche und Mehrow ersticken im wahrsten Sinne des Wortes am zunehmenden Verkehr auf Bundes-und Ortsstraßen. „Ersticken“ ist nicht übertrieben. Im Jahr 2020 starben lt. EU-Umweltbericht 240.000 Menschen vorzeitig an Feinstaub. Fast alle Stadtbewohner in der EU (96 %) sind Belastungen über den EU-Grenzwerten ausgesetzt. Es muss hier nicht näher beschrieben werden, dass dies in unserer Gemeinde  (nicht allein im Ortsteil Ahrensfelde) längst gleichfalls der Fall sein dürfte. Weder Gemeindeverwaltung noch Gemeindevertretung haben diesbezüglich je Messungen veranlasst.

Ungeachtet des Verkehrsgeschehens – ohne vorhandenes Verkehrskonzept, ohne Aussicht auf eine tragfähige Ortsumfahrung (die Planungen ohne Tunnel lösen das Problem nicht, sie verlagern es für zwischenzeitlich fast 100 Mio € lediglich parallel um 150 m weg von der Dorfstraße und noch dazu in die Höhe) – und unberührt von den wachsenden Einwohnerprotesten beschließt die Gemeindevertretung ein neues Wohngebiet nach dem anderen.
Dem Wohngebiet Kirschenallee (11 ha für rd. 1000 Einw.),  das gerade erst begonnen wurde, werden das Wohngebiet „Am Kaufpark Eiche“ (für rd. 1000 Einw.), das Wohngebiet Ulmenallee/Lindenberger Straße (16 ha für rd. 1800 Einw.; es sollen 600 Wohneinheiten entstehen), das jüngst beschlossene Wohngebiet in Lindenberg (8 ha für rd. 1500 Einw.) und offenbar noch weitere folgen. Zu den „Weiteren“ potentiellen, bisher noch nicht beschlossenen Flächen für Wohnbebauung gehören die noch vorhandenen 23 ha des Bauunternehmens Winter in Lindenberg, die schon öffentlich zur Wohnbebauung vorgestellt wurden sowie Flächen im Umfang von insgesamt rund 200 ha (2.000.000 m², 1 ha = 10.000 m²) in der Gemeinde, die das Achsenentwicklungskonzept Ahrensfelde-Werneuchen (AEK A-W) potentiell für Wohnbebauung in der „wachsenden Hauptstadtregion“ ausgewiesen hat. Allein mit den bereits beschlossenen Flächen wird Ahrensfelde von 14.050 Einwohnern Ende 2022 auf dann rd. 18.000 – 20.000 Einwohner wachsen.

Bauwut und Ignoranz führt zu falscher städtebaulichen Entwicklung
Räumlich direkt angedockt an Berlin wird Ahrensfelde zudem auch den unglaublichen Bauboom Berlins verkehrstechnisch aushalten müssen (Stadtteil „Mein Falkenberg“ bereits gebaut für rd. 3000 Einw.) und damit Verdreifachung der vorherigen Einwohnerzahl, neue Hochhäuser in jeder Lücke entlang der Märkischen Allee, geplante neue Siedlung „Wartenberg der Zukunft“ mit 7 Wohnquartieren (geschätzt ca. 5000 bis 6000 Einwohner). Und das ohne Verkehrskonzept und ohne Tunnel. Auch von der bevorstehenden Taktverkürzung der Regionalbahn wird Ahrensfelde nicht nur profitieren. Aus technischen Gründen wird auf nicht absehbare Zeit Ahrensfelde weiterhin nur einmal pro Stunde angefahren, die Schranken werden jedoch viermal pro Stunde schließen. Die Gemeinde Ahrensfelde wird zum Nordosten Berlins.

Es ist nur schwer zu glauben, dass unsere derzeitigen Gemeindevertreter so kurzsichtig sind – oder ist es Ignoranz? – , die Wirkungen dieser unglaublich rasanten Entwicklung auf die Gemeinde, die in diesem Tempo eine Integration der „Neuen“ sowie eine gemeinsame Identitätsbildung mit den „Alten“ als Grundpfeiler gemeindlichen Miteinanders gar nicht ermöglichen kann. Nicht zuletzt, als das nach wie vor bei allen Bauprojekten keine Infrastrukturen vorgesehen sind und Bürgermeinungen weitesgehend ausgeblendet werden. Einwohnerbefragungen bezüglich Wohngebiete wurden absichtlich manipuliert; eine objektive Auswertung, die auf Fakten basiert, von der Mehrheit der Gemeindevertreter abgelehnt.

Aber woher kommt diese Bauwut und diese Ignoranz?
Herr Schwarz, Fachbereichsleiter in der Gemeindeverwaltung hat in der Sitzung des Ortsbeirates Lindenberg im Februar 2023 die Katze aus dem Sack gelassen. Die Bauwut des Bürgermeisters und mit ihm aller Gemeindevertreter hängen mit dem geplanten Gymnasium zusammen. Der Landkreis Barnim plant 6 neue Schulen an fünf Standorten, eines davon in Ahrensfelde. Das zuständige Landesministerium wollte bis Mai dieses Jahres die Mittel dafür vorerst nicht freigeben. Noch fehlen für 2 Schulen die Errichtungsbeschlüsse vom Kreis – darunter auch der für Ahrensfelde. In die Schulentwicklungsplanung des Kreises wurde offenbar die lt. AEK A-W potentiell mögliche Wohnbebauung in der Gemeinde und die damit steigenden Einwohnerzahlen ohne vorhandene Bebauungsbeschlüsse vorweggenommen. D.h., um zu einem Gymnasium zu kommen, muss nun – koste es was es wolle – gebaut, gebaut und gebaut werden.

Ahrensfelde wird langsam aber sicher “Berlin-Nordost”
Der Preis für das Gymnasium ist die irreversible Zersiedlung der Gemeinde, mit allen verkehrstechnischen und umweltbedingten Folgen. Längst stehen Klimaziele wie Schutz von Wald- und Ackerflächen und der „Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg“ mit seinen siedlungspolitischen Zielen in unvereinbarem Gegensatz. Wollten Berliner raus aus der Stadt auf das Land ziehen, sehen sie sich von Berliner Verhältnissen eingeholt. Zu diesem Preis können auch die heutigen Schüler kein Gymnasium wollen. Sie werden  vielleicht (denn nur ein Teil von ihnen erhält eine Empfehlung für das Gymnasium; womöglich wird ein anderes Gymnasium als das Ahrensfelder die Schule der Wahl) für 6 Jahres ihres Lebens das Gymnasium besuchen, dann aber sich als Erwachsene ein Leben lang über die schlechten örtlichen Bedingungen ärgern.

Sollen aber Schüler für den Erhalt des dörflichen Charakters der Gemeinde (oder dessen, was davon noch übrig geblieben ist) auf eine besser Schulversorgung verzichten? Nein, sie müssten es nicht. Zumindest dann nicht, wenn es auf Kreisebene eine flexiblere Haltung zu den Schulformen gäbe. Die neue Lindenberger Grundschule ist hoch modern, großzügig ausgestaltet und derzeit nicht ausgelastet. Eine Umgestaltung zu einer Gesamtschule, die bis zum Abitur führt, würde unter Ersparnis von sehr viel Steuergeldern allen Einwohnern von Jung bis Alt gerecht werden.

Der Kreistag und seine schülerfeindlichen Entscheidungen
Aber genau das ist wegen der unflexiblen Haltung der Verantwortlichen auf Kreisebene nicht gewollt. Wo die Landesregierung ein durchlässiges Schulsystem mit verschiedene Schulkonzepten (Oberschulen, Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe, Gymnasien, Fachoberschulen und beruflichen Gymnasien) präferiert, hat sich der Kreis Barnim einseitig auf den Abiturerwerb an Gymnasien festgelegt. Da Elterninitiativen in Wandlitz seit Jahren vehement eine Gesamtschule forderten, musste sich der Kreistag erst jüngst mit dieser Thematik erneut befasst. Obwohl der zuständige Bildungsausschuss als Fachausschuss für die Zulassung dieser Gesamtschule stimmte, hat der Kreistag an seinem einseitigen Konzept der Gymnasien festgehalten. Der Bildungsausschuss bekam einfach kein Rederecht und wie man vor solch wichtigen Entscheidungen Mehrheiten in den Gremien schafft, ist inzwischen allgemein bekannt. Interessant zudem die Begründung für das Festhalten allein an Gymnasien: Mit der Zulassung von Gesamtschulen bekäme man die notwendigen Schülerzahlen für die geplanten Gymnasien nicht zusammen.
In der Tat muss der Kreis nun an seiner Haltung festhalten. Denn wie könnte der Landrat ansonsten begründen, dass er z.B. in Ahrensfelde bereits ein Jahr vor dieser wichtigen Kreistagsentscheidung nicht nur ein Grundstück (das hätte für das Gymnasium samt allen Sport- und Außenanlagen gereicht), sondern gleich zwei Grundstücke für das Gymnasium Ahrensfelde erworben hatte. Das Zweite ist für die Turnhalle, die beim Sportplatz errichtet werden soll. Um dem Sportplatz diesen Gefallen zu tun, müssen die Schüler nicht nur Sommers sondern auch Winters, wie in alten Zeiten, zum Sportunterricht erst hinlaufen. Es geht also nicht wirklich um die Schüler. Man muss starr festhalten an dem, was man sich einmal ausgedacht und mit anderen schon verabredet hat.
Fazit: Der Landkreis hat in Ahrensfelde praktisch 2 Mal Millionen Steuergelder ausgegeben – einmal für 3 ha in der Ulmenalle und 1,5 ha Gemeinde-Fläche am hinteren Sportplatz von Grün-Weiß.

Millionenfache Steuergeldverschwendung & Versiegelung von Ackerflächen
Unglaublich! Hier werden nicht nur Steuergelder in Größenordnungen vertan. Bei einem flexibleren Schulkonzept, das vorhandene örtliche Bedingungen sinnvoll nutzen würde, wären womöglich weniger als sechs Schulen erforderlich. Nein, um dieses festgefahrene Konzept durchzusetzen, muss auch massiv gebaut werden, um die notwendigen Schülerzahlen zu erreichen. Wiesen und Ackerflächen werden irreversibel versiegelt und alle Einwohner der Lebensqualität in der Gemeinde weiter beraubt.Hier wird mit dem Schinken nach der Wurst geworfen. Den klugen Gemeindevertretern sei für diese Wohltaten herzlich gedankt.

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